Leitgedanken des Rektors

Universitätsleitung

Fit für die Zukunft

Angesichts der rasanten Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft setzt sich die Universität Bern stark mit der Frage auseinander, wie sie auch künftig mit Wissen Wert schaffen kann.

 

Von Prof. Dr. Christian Leumann, Rektor

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, ich freue mich, Ihnen auch für das Jahr 2023 wieder über die Aktivitäten unserer Universität Bericht erstatten zu dürfen.  

Leider war auch das vergangene Jahr von bewaffneten Konflikten geprägt. Nicht nur der Krieg in der Ukraine dauerte mit unverminderter Intensität an. Hinzu kamen Anfang Oktober die Unruhen im Nahen Osten mit dem Überfall der Hamas auf Israel und die dadurch ausgelösten kriegerischen Auseinandersetzungen, die unzählige Opfer und Verletzte forderten.

Wie tief der Hass sitzt, musste die Universität Anfang Oktober 2023 erfahren, als sich ein Mitarbeiter in völlig inakzeptabler und menschenverachtender Weise über den Terrorangriff der Hamas auf Israel äusserte. Die Universität Bern verabscheut und verurteilt jegliche Gewalt und hat entsprechende Konsequenzen gezogen. Sie setzt alles daran, die Qualität von Forschung und Lehre zum Wohle unserer Studierenden zu gewährleisten und die Glaubwürdigkeit ihrer Institute zu wahren.

Im Jahr 2023 haben wir das Programm Fit for Future lanciert, mit dem wir unsere Strukturen, Prozesse und Funktionsweise hinterfragen und auf die Zukunft ausrichten. Seit unserer Gründung im Jahr 1834 arbeiten wir in den gleichen Strukturen von Rektorat, Fakultäten und Instituten. Lehre und Forschung haben sich in dieser Zeit jedoch rasant weiterentwickelt, ebenso wie die Gesellschaft und ihre Erwartungen an die Wissenschaft zur Lösung aktueller Probleme.

Die grossen Themen der Gegenwart wie Nachhaltigkeit, Biodiversitätsverlust, Gesundheit oder Konfliktsituationen erfordern neue inter- und transdisziplinäre Ansätze, die sich nicht unbedingt in einzelnen Fakultäten abbilden lassen. Zunehmend gibt es Querschnittsthemen wie Digitalisierung oder Klimafolgenforschung, aus denen Forschungsprofile entstehen, die sich nicht einer Fakultät zuordnen lassen. Wie gehen wir damit um? Die nächste Generation von Forschenden trägt diese Transdisziplinarität in ihren Genen. Deshalb ist es für uns wichtig, unsere Strukturen auf den Prüfstand zu stellen und uns fit für die Zukunft zu machen.  

Das betrifft auch die Universitätsverwaltung. Wie befähigen wir unsere Mitarbeitenden, effizient mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung umzugehen? Wie entlasten wir unsere Dozierenden, damit sie wieder mehr Zeit für ihre Kernaufgaben haben? Oder wie sehen die Arbeitsplätze der Zukunft aus und wie können wir mit unserer wohl dokumentierten Raumknappheit noch besser umgehen, ohne unattraktiv zu werden?

In einem breit abgestützten Prozess, in den alle Bereiche eingebunden waren, haben wir 12 Handlungsfelder definiert, in denen wir derzeit Massnahmen erarbeiten. Die Universitätsleitung entwickelt diese Massnahmen nicht im stillen Kämmerlein, sondern bezieht alle Stakeholder konstruktiv mit ein. Es wird ein Veränderungsprozess, dem wir uns unvoreingenommen, ohne Tabus und ergebnisoffen stellen müssen.

Kurz gesagt

«Die Universität Bern setzt alles daran, die Qualität von Forschung und Lehre zu gewährleisten.»




Prof. Dr. Christian Leumann, Rektor

Wir haben im letzten Jahr einen regelrechten Schub im Bereich der künstlichen Intelligenz erlebt. Wir müssen davon ausgehen, dass die weitere Entwicklung der KI die Art und Weise, wie wir lehren und forschen, verändern wird.
In der Lehre ist es uns wichtig, die Studierenden an den Umgang mit KI heranzuführen und gemeinsam mit ihnen die Grenzen ihrer Sinnhaftigkeit und Glaubwürdigkeit auszuloten. Deshalb ist KI ein integraler Bestandteil unserer Digitalisierungsstrategie, die laufend angepasst und verfeinert wird.

Um das Ziel der Kantonsregierung zu erreichen, bis 2030 eine internationale Drehscheibe für die Medtech-Branche zu werden, bündeln die Insel Gruppe, die Universität Bern und das Technologie-Innovationszentrum CSEM seit letztem Jahr ihre Kompetenzen. So können wir gemeinsam mit unseren Partnern einen weiteren Beitrag zur Stärkung des Medizinalstandorts Bern leisten.

Zudem hat die Weltgesundheitsorganisation WHO das Biosicherheitszentrum des Instituts für Infektionskrankheiten der Universität Bern zum «Collaborating Center» ernannt. Das Biosicherheitszentrum wird die WHO mit Beratung, Ausbildung und der Entwicklung von Richtlinien und Anleitungen unterstützen. Es ist weltweit das einzige «Collaborating Center» der WHO im Bereich Biosicherheit, das an einer Universität angesiedelt ist.

Zu unserer grossen Freude wurde im Frühjahr die Mission des Weltraumteleskops CHEOPS bis 2029 verlängert. CHEOPS wird von der Universität Bern in Zusammenarbeit mit der Universität Genf koordiniert und ist ein Projekt im Bereich der Exoplanetenforschung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Schweiz. Die Universität Bern ist auch an anderen Weltraummissionen beteiligt und hat unter anderem das Massenspektrometer NIM zur ESA-Weltraummission Juice beigesteuert.

Aber nicht nur in der Weltraumforschung sind wir führend. Spitzenforschung wird in den verschiedensten Bereichen betrieben und ausgezeichnet: Von den insgesamt 67 Projekten, die in der Ausschreibung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) für «Starting Grants» ausgewählt wurden, kommen elf aus Bern. Die ausgezeichneten Projekte decken ein breites Spektrum der Forschung an unserer Universität ab und reichen von der Erforschung des Wasserkreislaufs über die Geschichte der Algebra bis zur sozioökonomischen Entwicklung im Mittelmeerraum im 2. vorchristlichen Jahrtausend.  

Die Unterfinanzierung durch den Kanton macht uns zunehmend Sorgen. Unser Jahresbudget wächst zwar gemäss Finanzplanung jährlich um 1%. Davon müssen wir aber beispielsweise für das laufende Jahr 3,3% Lohnmassnahmen tragen, was zu einem strukturellen Defizit bei den Grundmitteln führt. Unsere Bilanz ist somit auch in diesem Jahr negativ, und zwar deutlich stärker als in den Vorjahren. Damit wir unseren Leistungsauftrag weiterhin vollumfänglich erfüllen und zur Erreichung der strategischen Ziele der Kantonsregierung gemäss den Regierungsrichtlinien «Engagement 2030» beitragen können, sind wir darauf angewiesen, dass der Finanzierungsschlüssel angepasst wird und wir dieses strukturelle Defizit beheben können.

An den Bachelorinformationstagen 2023 durfte die Universität Bern 4'465 Studieninteressierte begrüssen - ein neuer Rekord! So viel Interesse an unserer Institution macht mich stolz auf unsere Universität und ihre Leistungen. Ich bedanke mich deshalb an dieser Stelle ganz herzlich bei unseren Dozierenden, Mitarbeitenden und Studierenden, die getreu unserem Motto «Wissen schafft Wert» mit ihrem Engagement für die Universität Bern wissenschaftliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Werte schaffen.

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